Niederehe
St. Leodegar

Auszüge aus dem Restaurierungsbericht:

8. Stimmung und Temperatur

Die Niedereher Orgel ist das einzige Instrument von Balthasar König, das heute wieder mit der originalen Temperatur und Stimmung der Erbauungszeit zu hören ist. Zusammen mit Herrn Dr. Wolfgang Meister, dem an dieser Stelle herzlich für die gute Zusammenarbeit gedankt sei, gelang es, die Tonhöhe der einzelnen Prospektpfeifen zu ermitteln.

Die originalen Stimmausschnitte an den Prospektpfeifen waren noch erkennbar, da beim "Höherstimmen" der Orgel zum Glück recht unsauber gearbeitet worden war. Auf den Rückseiten der auf Tonlänge ausgeschnittenen Prospektpfeifen waren in grober Manier Stimmlappen eingerissen und nach unten und zur Seite gebogen worden. Spätere Veränderungen an den Labien und Aufschnitten waren nicht erkennbar, so hofften wir, nach dem Zurückformen der "Stimmfetzen" und Abkleben der noch erkennbaren Ausschnitte Anhaltspunkte für die Stimmpraxis Königs zu finden.

Eine Festlegung der Temperatur ist nur am Originalstandort der Pfeife möglich, da Gehäuse, Schleierwerk und Abstand zu den Nachbarpfeifen die Tonhöhe der einzelnen Pfeifen erheblich beeinflussen. Eine Untersuchung der Stimmung wurde deshalb zurückgestellt, bis alle Teile restauriert und die Orgel wieder an ihrem Standort aufgebaut worden war. Die Prospektpfeifen wurden vorsichtig vom Staub befreit und nur die schlimmsten Deformierungen an den Füßen wurden gerichtet. Nach dem Einbau der Prospektpfeifen wurde zuerst die Ansprache der Pfeifen bei einem Winddruck von 70 mm WS untersucht, wobei die sehr stark eingesackten Pfeifenfüße provisorisch gerichtet und geöffnet wurden, damit ein gleichmäßiger Lautstärkeverlauf erreicht wurde.

Das Ergebnis übertraf alle Erwartungen: Beim Spiel durch die Tonarten und beim Abhören der Quinten und Terzen war die ursprünglich mitteltönige Temperatur (mit Wolfsquinte auf dis-gis) Balthasar Königs zu hören. Anschließend wurden die einzelnen Tonhöhen des Prospektes mit dem Stimmgerät ausgemessen und aufgenommen. Nach der Restaurierung der Pfeifen wurde der Winddruck korrigiert, da eine optimale Ansprache der Pfeifen bereits mit einem Winddruck von 55 mmWS erreicht wurde. Die nachgemessenen Tonhöhenwerte entsprachen denen der ersten Messung.Der Stimmton wurde für a' mit 421 Herz bei 15,3 - C gemessen.

Die Abweichung der König-Temperatur von der gleichstufigen Temperatur:

Ton Cents Abweichung in Cent
gs 1088,5 - 11,5
cd 386,5 - 9,0
ds 891,0 - 9,0
h 199,0 - 1,0
e 695,0 - 5,0
a ± 0,0 ± 0,0
d 504,0 + 6,0
g 1006,5 + 6,5
c 306,0 + 6,0
f 807,5 + 7,5
b 109,5 + 9,5
es 613,5 + 13,5

Ich danke meinen Mitarbeitern: Beate Fasen, Walter Friehs, Fulko Harings, Elke Thome und Christian George, sowie Karl-Heinz Esch, der die Metallfpeifen rekonstruiert hat, und meinem Vater Peter Fasen, der nach den vorhandenen Vorbildern Schlösser und Beschläge geschmiedet hat.
Hubert Fasen, Orgelbaumeister

Die Balganlage der Orgel
Blick auf die beiden Keilbälge der rekonstruierten Balganlage.

Letzte Änderung am 12.10.2010
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